Karpaltunnelsyndrom

Das Karpaltunnelsyndrom ist eines der häufigsten Krankheitsbilder in der Handchirurgie. 1932 wurde das Karpaltunnelsyndrom (KTS) von Dr. Learmont (USA) beschrieben und mit einer Operation behandelt.

Der Karpalkanal wird durch acht Handwurzelknochen begrenzt und von einer dicken Bandstruktur (Retinaculum flexorum) überdacht. Durch diesen Engpass verläuft neben den neun Finger-Beugesehnen auch der Nervus medianus. Dieser ist verantwortlich für die Kraft der Daumenballenmuskulatur sowie für das Gefühl von Daumen, Zeige-, Mittel- und der Hälfte des Ringfingers.

Ursachen des Karpaltunnelsyndroms

Durch eine Einengung des Nervus medianus im Kanal kann der Nerv geschädigt werden, was verschiedene, unter anderem folgende Ursachen haben kann: Anatomischbedingte Enge, Entzündungen und Schwellungszustände der Beugesehnenscheiden, Schwangerschaft, Vorderarmbrüche, Diabetes mellitus, Polyarthritis, Infektionen im Handgelenksbereich, Schilddrüsenunterfunktion. Je nach Statistik tritt ein Karpaltunnelsyndrom bei bis zu 14 % der Bevölkerung auf. Bei Frauen kommt es dreimal häufiger vor als bei Männern. Menschen zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr sind am häufigsten betroffen. Die dominante Hand zeigt meistens zuerst Symptome. Arbeiten am Computer soll laut einer gross angelegten Studie nicht für ein gehäuftes Auftreten des Karpaltunnelsyndroms verantwortlich sein. Häufig ist das nächtliche Einschlafen der Hand sowie das Ameisenlaufen in den Fingern erstes Symptom. Auch nächtliche Schmerzen, welche bis in den Arm und die Schulter ausstrahlen, können sich als erste Symptome manifestieren. Die nächtlichen Beschwerden können anfangs meist durch Schütteln der Hand gemildert werden. Bei anhaltendem Druck auf den Nerven kann es zu einer Handschwäche und zum Muskelschwund im Daumenballen kommen. Dies ist die einzige äusserlich sichtbare Veränderung. Das Missempfinden in den Fingern kann bis zur Gefühlslosigkeit weiterschreiten und feinmotorische Störungen hervorrufen. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Schädigung der Schmerzfasern und somit zu einem Nachlassen der Schmerzen. Häufig können die Symptome wie Ameisenlaufen durch die Position des Handgelenkes provoziert werden, wie z. B. beim Zeitungslesen, Auto- oder Fahrradfahren, Abstützen der Hand auf einer Fläche.

Diagnosestellung

Nebst Erfassung der beschriebenen Symptome ist eine exakte klinische Untersuchung für die Diagnosestellung von grosser Wichtigkeit. Im Zentrum steht die vergleichende Prüfung der Fingersensibilität mittels folgender Tests:

  • Hoffmann-Tinel-Zeichen: Durch Beklopfen des Nervus medianus an der Beugeseite des Handgelenkes werden elektrisierende Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervus medianus ausgelöst (bei ca. ¾ der Patienten auslösbar).
  • Phalen-Test: Bei 60 º gebeugtem Handgelenk treten nach ca. 60 Sekunden Ameisenlaufen und/oder elektrisierende Schmerzen auf.
  • Reversed Phalen-Test: Die gleichen Symptome treten wie beim Phalen-Test auf, wenn das Handgelenk 60° überstreckt wird.
  • Flaschenzeichen: Aufgrund der Muskelschwäche im Daumenballen kann eine Flasche nicht richtig umfasst werden.

Neurophysiologische Abklärungen

Sogenannte neurophysiologische Untersuchungen können darüber hinaus Aufschluss über den Zustand des Nervs liefern. Diese Untersuchungen werden durch Neurologen durchgeführt.

  • EMG (Elektromyografie): Mit dem EMG kann unterschieden werden, ob mehr Nerv oder Muskulatur geschädigt ist. Damit lässt sich der Ort der Schädigung feststellen.
  • ENG (Elektroneurografie): Mit der ENG wird gemessen, wie schnell der Nervus medianus einen Reiz weiterleitet.
  • Ultraschall: Auch mittels Ultraschall kann eine Kompression (Einengung) des Nervus medianus festgestellt werden.

Wenn die Symptome durch die Abklärungen nicht einem Karpaltunnelsyndrom zugeordnet werden können, müssen andere Ursachen wie bspw. eine Polyarthrose von Finger und/oder Handgelenk oder eine Durchblutungsstörung der Hand gesucht werden.

Konservative Behandlungsmethoden

Bei milden Formen kann das Karpaltunnelsyndrom konservativ behandelt werden. Das Tragen von speziellen Schienen, welche das Handgelenk in neutraler Stellung fixieren, kann die Symptome v. a. nachts lindern. Injektionen von Kortison in den Karpaltunnel können Schwellungen des Sehnenscheidengewebes und damit den Druck im Tunnel reduzieren. Injektionen in den Karpaltunnel sind aber nicht ohne Risiko: Wenn das Kortison in den Nerv injiziert wird, kann dieser schwere Schädigungen erleiden. Auch die Einnahme von Kortison in Tablettenform kann kurzfristig nützlich sein, insbesondere bei heftigem akutem Karpaltunnelsyndrom. Etwa 70 % der Patienten sprechen anfänglich auf konservative Therapien an. Bei den meisten kehren die Symptome spätestens nach einem Jahr zurück und 50 % brauchen anschliessend eine Operation.

Operative Behandlungsmethoden

Ziel der Operation ist es, den Nerv zu entlasten und eine Verbesserung der ihn ernährenden Blutgefässe zu erreichen. Beim offenen Verfahren wird durch einen ca. 3 bis 4 cm langen Hautschnitt in der Hohlhand direkt auf das Retinaculum eingegangen, welches unter Sicht und Schonung des Nervus medianus gespalten wird. Der Karpaltunnel wird dadurch erweitert und der Nerv entlastet.

Die Operation erfolgt in einer sogenannten Blutleere. Dabei wird das Blut aus dem Arm «ausgewickelt» und die Blutleere mit einer Oberarmmanschette gehalten. Die Operation wird mit einer Lupenbrille durchgeführt.

Vor über 15 Jahren wurde das endoskopische Verfahren eingeführt. Es wurden kleinere Narben und eine raschere Wiedererlangung der Handfunktion propagiert. Bei diesem Verfahren kam es jedoch zu einer höheren Rate von inkomplett gespaltenen Tunnels und damit zu einer höheren Komplikationsrate. Vergleichsstudien haben gezeigt, dass die endoskopische und offene Technik praktisch identische Ergebnisse aufweisen. An der Klinik Pyramide wird praktisch ausschliesslich das offene Verfahren angewendet. Die Narbe ist nach ca. 6 Monaten annähernd unsichtbar. Die allgemeinen Risiken dieses Eingriffes (z. B. Infektion, Nachblutung, Verletzung von Gefässen und Nerven) sind glücklicherweise selten. Die Operation kann in einer Regionalanästhesie durchgeführt werden. Nur in speziellen Fällen ist eine Vollnarkose erforderlich.

Nachbehandlung und Prognose

Eine kurzzeitige Ruhigstellung von ein bis zwei Wochen ist die Regel. Eine Schienenfixation ist nicht zwingend und liegt im Ermessen des Operateurs. Die Arbeitsaufnahme hängt von der jeweiligen Belastung ab, leichte Büroarbeiten sind nach wenigen Tagen möglich, manuell schwer Arbeitende (z. B. Bauhandwerker) können nach 6 bis 12 Wochen die Arbeit wieder aufnehmen. Eine frühfunktionelle Behandlung, selbstständige Bewegungsübungen sowie das Hochlagern der Hand in den ersten Tagen beugen Schwellungszuständen und einer Fingersteife vor.

Das Wiederauftreten nach einer Operation ist höchst selten und basiert meist auf einer inkompletten Spaltung des Retinaculums oder auf dem Auftreten einer massiven Entzündung der Sehnenhüllen.

Bei vorgängig langem Krankheitsverlauf braucht der Nerv unter Umständen Monate bis zur vollen Erholung. Bei ausgeprägter vorbestehender Schädigung des Nervs (lange andauernde und ausgeprägte Kompression) kann eine Erholung auch nur teilweise erfolgen. Auch in solchen Fällen ist eine Operation aber ebenfalls sinnvoll, um ein Fortschreiten der Nervenschädigung zu verhindern. Das endgültige Resultat bezüglich Erholung von Kraft und/oder Sensibilität liegt nach 6 bis 12 Monaten vor.

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PD Dr. med. Andreas L. Oberholzer

PD Dr. med. Andreas L. Oberholzer

Facharzt FMH für Orthopädie und Unfallchirurgie. Spezialgebiete: Knie-, Hüft- und Fusschirurgie.

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