Schulterarthrose
Die Arthrose bezeichnet die Abnutzung der Gelenke bzw. des Gelenkknorpels. Weil die Menschen immer älter werden und ihre Gelenke immer mehr brauchen, nehmen auch die Abnutzungserscheinungen zu. Häufig und bekannt sind diese an Hüfte und Knie, aber auch die Schulter ist zunehmend betroffen.
Der Gelenkknorpel ist ein faszinierendes Gewebe. Er kann unglaublichen Druck aushalten, dabei eine glatte, gleitfähige Oberfläche behalten und zudem ganz feine, präzise Signale über die Position eines Gelenks an das Rückenmark senden. Und das alles ohne eigene Blutversorgung. Ernährt wird er grösstenteils von der Gelenkflüssigkeit, die wiederum von der Gelenkinnenhaut gebildet wird. Zudem sorgt der Knorpel dafür, dass die Gelenkflächen zueinander passen, also kongruent sind. Es ist wichtig, dass ein Gelenk bewegt wird, damit sich die Gelenkflüssigkeit gut verteilt und alle Regionen im Gelenk ernährt werden.
Wie entsteht eine Schulterarthrose?
Zu Beginn wird der Gelenkknorpel, der die Gleitschicht der Gelenkpartner darstellt, überlastet, er schwillt auf und wird weicher. Dadurch wird er anfälliger für Verletzungen, aber auch weniger resistent gegen Belastungen. Gehen nun die Belastungen unvermindert weiter, kann es zu einer Aufrauung der Oberfläche des Knorpels kommen. Die Arthrose nimmt ihren Lauf. Denn jetzt gleiten die beiden Gelenkpartner nicht mehr reibungslos, und so kann es zu kleinen Rissen im Knorpel kommen. Darauf reagiert das Gelenk mit einer Entzündung, und diese kann den Knorpel noch mehr schädigen. Das Gelenk macht einen Erguss und bereitet Schmerzen. Die Knorpelschicht wird dünner und an den am meisten belasteten Stellen ganz abgetragen. Die Schmerzen nehmen zu, und die Beweglichkeit im Gelenk nimmt ab. Um die Druckstellen im Gelenk zu vermindern, versucht der Körper, die Gelenkfläche zu vergrössern – er macht Überbeine (Osteophyten). Diese stören aber zusätzlich die Beweglichkeit im Gelenk. Jetzt ist die Arthrose fortgeschritten.
Wie immer bei der Arthrose sind sehr viele Ursachen möglich. Man unterscheidet zwischen inneren und äusseren Faktoren:
Innere Faktoren
Zu ihnen zählen die genetische Disposition, die für die Stärke und Resistenz des Knorpels mit verantwortlich ist. Es gibt aber auch Krankheiten, die den Knorpel beeinflussen, wie zum Beispiel chronische Entzündungen beim Rheuma. Zudem entscheiden die Wachstumsphase und die Ernährung über die Knorpelschicht und deren Aufbau.
Äussere Faktoren
Rotatorenmanschette
Wenn die Rotatorenmanschette beschädigt ist, insbesondere wenn ihre Sehnen am Oberarmkopf gerissen sind, wird der Oberarmkopf im Gelenk nicht mehr richtig geführt. Durch das vermehrte Gelenkspiel kann es zu einer übermässigen Abnützung kommen. Zudem kommt es mit der Zeit zu einer Dezentrierung des Oberarmkopfes. Diese führt zu einer asymmetrischen Belastung im Gelenk, welche die Pfanne einseitig abnützen kann. Man spricht dann von einer Defekt-Arthropathie (engl. «cuff tear arthropathy»). Wenn die obere Sehne der Rotatorenmanschette gerissen und zurückgezogen ist, kann es sein, dass der Oberarmkopf im Gelenk aufsteigt und chronisch am Schulterdach ansteht. Das ist schmerzhaft und führt dazu, dass sich die Gelenkanatomie verändert. Sie gleicht sich der Hüfte an − eine Acetabulisierung findet statt.
Ausrenken (Instabilität)
Besonders an der Schulter kann eine Arthrose durch Ausrenken entstehen. Wenn der Oberarmkopf aus dem Gelenk gerissen wird, reibt sein Knorpel an der Vorderkante der Gelenkspfanne. Diese ist recht scharfkantig und kann dadurch allein den Knorpel schädigen. Gelegentlich kommt es beim Ausrenken der Schulter sogar zu einem (kleinen) Einbruch des Knochens am Oberarmkopf (Hill-Sachs-Läsion). Aber auch die Gelenkpfanne kann betroffen sein, denn beim Ausrenken wirken sehr starke Kräfte. Die Gelenklippe kann abgerissen werden (Bankart-Läsion). Und der asymmetrische Druck allein kann den Knorpel auf beiden Seiten schädigen.
Überlastung
Eine weitere Ursache für die Arthrose kann auch die Überlastung sein, z. B. beim Sport oder bei der Arbeit. Die Überlastung kann einerseits die Rotatorenmanschette, andererseits aber auch direkt das Gelenk betreffen. Wie erwähnt, beeinflusst die Belastung die Knorpeloberfläche. Und wenn die Belastung grösser wird, als die Fähigkeit zur Regeneration ist, kann es zur Abnützung kommen.
Unfall
Unfälle, insbesondere Knochenbrüche, betreffen nicht nur den Knochen, sondern fast immer auch die angrenzenden Gelenke. Je nachdem, wie eine Kraft auf den Körper oder den Arm einwirkt, wird sie vor dem Knochenbruch auf das Gelenk übertragen – der Knorpel nimmt Schaden. Es gibt aber auch Brüche, die durch das Gelenk gehen und dann eine Stufe oder einen Graben bilden. Diese müssen häufig operiert werden, um das Gelenk so gut wie möglich wiederherzustellen. Nicht immer gelingt dies perfekt. Ganz besonders am Oberarmkopf ist es schwierig, solche Brüche gut zu behandeln. Die Folgen einer ungenügenden Behandlung können verheerend sein.
Infektion
Unter den Orthopäden besonders gefürchtet sind die Gelenksinfektionen. Gelingt es einem Bakterium, ins Gelenk einzudringen, kann es sich im Knorpel, der keine eigene Abwehr hat, einnisten und verstecken. Bis es zu Symptomen kommt, hat sich das Bakterium in Ruhe vermehren können. Und weil der Gelenkraum nicht durchblutet ist, sondern von der Gelenkflüssigkeit versorgt wird, kommen Antibiotika nur sehr schwer dahin. Deswegen sind solche Infektionen oft sehr schwer zu behandeln, und allzu oft braucht es Operationen, um das Gelenk zu reinigen − manchmal sogar mehrmals hintereinander. Meistens nimmt der Knorpel dabei grossen Schaden, und der Gelenkersatz mit einer Prothese droht.
Welche Beschwerden verursacht die Schulterarthrose?
Als Allererstes: Die Arthrose tut weh; zwar bei weitem nicht allen Menschen gleich stark, aber das Hauptsymptom sind die Schmerzen. Typischerweise handelt es sich um einschiessende Schmerzen bei Bewegungen, insbesondere bei Belastungen. Häufig kann man sie nicht genau lokalisieren, sie sind irgendwo in der Schulter. Gelegentlich strahlen die Schmerzen auch in den Nacken oder in den Arm aus.
Dazu gesellen sich bei fortgeschrittener Arthrose manchmal auch Ruheschmerzen. Diese fühlen sich an wie ein dumpfes Brennen, eine leichte Entzündung und sind immer da. Viele Patienten klagen auch über nächtliche Schmerzen, und häufig kann man auf der betroffenen Seite nicht mehr liegen. Weil der betroffene Arm weniger bewegt wird, muss das Schulterblatt mehr arbeiten. Deshalb überlasten seine Muskeln und beginnen zu schmerzen. Diese Verspannungen ziehen typischerweise oftmals in den Nacken. Dieser wird steif, und es können starke Rückenschmerzen, manchmal sogar Kopfschmerzen entstehen. Nicht selten spüren Patienten den Nacken und Rücken mehr als die Schulter.
Eingeschränkte Beweglichkeit
Meistens ist die Beweglichkeit des Arms schon recht früh nicht mehr so, wie sie sein sollte. Bewegungen über den Kopf oder auf den Rücken sind schwierig oder sehr schmerzhaft. Auch eine Jacke anzuziehen, kann zu einer grossen Übung werden. Später ist das Anheben des Arms insgesamt erschwert. Das bereitet nicht nur beim Ankleiden Mühe. Auch Kämmen und sogar Essen können schwierig werden. Ebenso ist dann die Körperhygiene erschwert.
Krepitationen
Das Knacken oder Knirschen in der Schulter kann ganz normal sein; ein bisschen Flüssigkeit, die umherschwappt, oder das Schultereckgelenk, das beim Anheben des Armes knackt. Das ist nichts Aussergewöhnliches, solange es nicht schmerzt. Aber bei der Arthrose kommt es häufig zum Knacken, verbunden mit Schmerzen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Knorpel nicht mehr schön gleitet, sondern holprig läuft.
Schwellung/Rötung
Weil das Schultergelenk dick umgeben ist von Muskulatur, bemerkt man seine Schwellung nur sehr selten. Sie trägt aber zur Einschränkung der Beweglichkeit bei. Wenn man den Arm nicht mehr gut bewegen kann, zirkuliert das Blut darin nicht mehr gut, und der Arm kann ebenfalls anschwellen. Auch eine Rötung sieht man an der Schulter kaum je, weil die Haut nicht direkt auf dem Gelenk liegt. Der grosse Muskelmantel schirmt die Rötung ab.
Bursitis
Eigentlich immer, wenn in der Schulter etwas nicht in Ordnung ist, überträgt sich das auf den Schleimbeutel. Dieser ist zwischen Schulterdach und Supraspinatus-Sehne gelegen und dient dazu, dass die Sehne nicht am Schulterdach scheuert. Bei der Arthrose ist er oft entzündet und verursacht ebenfalls Schmerzen, die sich wie ein stetes Brennen unter dem Schulterdach anfühlen. Meist wird dieser Schmerz aber nicht isoliert wahrgenommen.
Gelenksteife
Gelenke wollen bewegt werden. Geschieht dies nicht oder ungenügend, zum Beispiel wegen einer Arthrose, kann es sein, dass die umgebenden Weichteile insgesamt und die Gelenkkapsel im Besonderen zu schrumpfen beginnen. Das Gelenk wird steif. Dadurch beschleunigt sich das Fortschreiten der Arthrose. Die morgendlichen Anlaufbeschwerden können nicht mehr überwunden werden, und das Gelenk wird den ganzen Tag über kaum bewegt. Dadurch wird es noch steifer.
Wie wird die Schulterarthrose diagnostiziert?
Die häufigsten Beschwerden, die ein Patient nennt, sind einerseits die Schmerzen, andererseits die eingeschränkte Funktion des Arms. Weil aber viele andere Probleme dieselben Symptome zeigen, ist es sehr wichtig, genau zu erfragen, wann welche Symptome bestehen, wann und wie sie begannen und welche Symptome der Patient sonst noch hat. Auch ist es wichtig, die Lebensumstände zu kennen.
Anschliessend wird der Arzt Sie untersuchen. Dabei versucht er, herauszufinden, woher Ihre Symptome kommen, und andere Ursachen auszuschliessen. Untersucht werden immer die aktive und passive Beweglichkeit im Gelenk und die Funktion der Rotatorenmanschette. Auch eine Kraftmessung gehört meist dazu.
Weitere Tests (zum Beispiel für die Bizepssehne) macht der Arzt je nach Bedarf. Die Befragung (Anamnese) und die Untersuchung zusammen führen in ca. 80 Prozent der Fälle zur richtigen Diagnose. Obwohl die Diagnose meist durch Anamnese und klinischen Untersuch gestellt werden kann, braucht es weitere Untersuchungen − nicht nur zur Bestätigung der Diagnose, sondern auch, um das Ausmass der Arthrose festzustellen und andere Probleme ausschliessen zu können. Zudem bedarf es im Falle einer Schulteroperation einer genauen Planung, die weitere Untersuchungen nötig macht.
Röntgenbild
Ein Röntgenbild ist schnell gemacht, günstig und kann in Bezug auf den Knochen, das Gelenk und die Arthrose viel aussagen. Es gehört deswegen fast standardmässig zur Schulteruntersuchung. Die Strahlenbelastung eines einzelnen Röntgenbilds ist äusserst gering und entspricht der eines Fluges in die USA.
MRI (Magnetic Resonance Imaging)
Die Magnetresonanztomografie ist ein Schnittbildverfahren, dessen Bildgrundlage die Wasserstoffprotonen im Gewebe sind, sprich der Wassergehalt. Schnittbild bedeutet, dass das zu untersuchende Körperteil virtuell in viele millimeterkleine Scheiben zerlegt wird. So wird es möglich, in einen Volumenkörper hineinzusehen. Weil es im Knochen wenig Wasser hat, ist das MRI für den Knochen wenig geeignet. Dafür ist es geradezu perfekt für die Weichteile. Diese kann es mit grosser Genauigkeit abbilden und auch kleinste Schäden darstellen. Am besten gelingt dies, wenn man vorher ein wenig Kontrastmittel ins Schultergelenk spritzt. Und das Geniale daran: Das MRI kommt ganz ohne Röntgenstrahlen aus. Für die Schulter ist es das wichtigste Diagnostikum. Bei der Arthrose zum Beispiel zeigt es uns, ob die Rotatorenmanschette noch intakt ist oder nicht mehr.
Computertomografie (CT)
Sie macht ebenfalls Schnittbilder, aber auf der Grundlage von Röntgenstrahlen. Sie ist unverzichtbar, wenn es darum geht, einen Knochen oder seinen Schaden dreidimensional zu rekonstruieren. Deswegen wird es oft eingesetzt, um die Implantation einer Prothese zu planen. Da sie die Weichteile weniger gut abbilden kann als das MRI, kommt sie an der Schulter weniger zum Einsatz. Die Strahlenbelastung ist deutlich höher als die eines einfachen Röntgenbildes, aber noch immer weit davon entfernt, gefährlich zu sein.
Ultraschall
Die Sonografie ist eine Technologie, die von den Fledermäusen bekannt ist. Mit einer Piezo-Elektrode wird ein (Ultra-)Schallsignal in das Gewebe eingebracht, und sein Echo wird aufgenommen. Dies funktioniert ausgezeichnet bei Weichteilen, aber der Schall kommt nicht durch den Knochen hindurch. Deshalb hat er an der Schulter seine Limitationen. Der Ultraschall ist aber schnell und einfach angefertigt und hat als einzige Methode den Vorteil, dass er in Echtzeit eine Bewegung «filmen» kann. Das ist bei gewissen Fragestellungen ein unschätzbarer Vorteil. Zudem muss der Patient nicht in eine beengende Röhre liegen, was für einige Betroffene entscheidend ist. Bei der Arthrose wird der Ultraschall selten gebraucht.
Konservative Behandlungsmethoden
Wenn immer möglich wird versucht, ohne Operation (konservativ) eine Linderung der Beschwerden zu erreichen. Dies vor allem im frühen Stadium der Arthrose, bei dem die Funktion noch gut erhalten ist, aber die Schmerzen sich bemerkbar machen.
Schmerzmittel
Milde Schmerzmittel wie Dafalgan (Paracetamol) sind gut verträglich und haben wenig Nebenwirkungen. Sie kommen oft als erste Therapie zum Zuge. Die etwas stärkeren sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) helfen, Entzündungen zu mildern, weswegen sie auch sehr gerne eingesetzt werden. Ausserdem wirken sie dort, wo der Schmerz entsteht, und sind deshalb besonders geeignet für den Einsatz am Bewegungsapparat. Starke Schmerzmittel oder Opiate werden nur dann angewendet, wenn es für chronische Schmerzen keine andere Lösung mehr gibt. Sie unterliegen (anders als die obigen) einer Gewöhnung, das heisst, eine Person braucht tendenziell immer mehr davon. Und sie machen bekannterweise abhängig, wenn man sie über lange Zeit hinweg einnimmt. Schmerzsalben finden an der Schulter nur wenig Verwendung, da sie kaum bis ins Gelenk eindringen können. Der grosse Deltoideus-Muskel steht ihnen im Weg.
Sonderstellung Kortison
Kortison ist eigentlich kein Schmerzmittel, sondern ein Hormon, ein sogenanntes Kortikosteroid. Als Abgrenzung dazu werden die obigen Schmerzmittel als nichtsteroidal bezeichnet. Kortison moduliert die Immunantwort des Körpers und unterbindet Entzündungsreaktionen. Auf diesem Weg ist es ein sehr potentes Schmerzmittel. Wenn es als Tablette eingenommen wird, hat es aber auch die bekannten Nebenwirkungen wie Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme etc. Bei rheumatischen Erkrankungen ist es häufig unverzichtbar, und der positive Effekt ist weit grösser als die Nebenwirkungen. Bei der Arthrose sollte man es als Tablette nur anwenden, wenn es nicht anders geht und die Anwendung kurz ist.
Kühlen
Eis wirkt ausgezeichnet als Schmerzmittel, und häufig ist das Kühlen eines schmerzhaften Gelenks die beste Idee. Das Eis darf aber nicht direkt auf die Haut gelegt werden, da sie sonst Schaden nehmen kann. Besser das Eis oder das Cold Pack in einen Plastiksack und diesen in ein Küchentuch legen. Leider ist das Schultergelenk umgeben vom grossen und kräftigen Deltoideus-Muskel, sodass die Kälte oft nicht bis ins Gelenk vordringen kann.
Physiotherapie
Die Physiotherapie ist einer der wichtigsten Partner der Schulterspezialisten. Sie kommt fast immer in der einen oder anderen Form zum Einsatz. Bei der Arthrose kann sie einerseits analgetisch, also schmerzlindernd arbeiten, andererseits hält sie das Gelenk beweglich. Sie arbeitet mit physikalischen Methoden wie Wärme, Kälte, Massagen, Needling oder Strom und mit Krankengymnastik. Die Gymnastik ist wesentlich für den Erhalt der Beweglichkeit, aber auch für den Erhalt der Muskulatur und für die Propriozeption. Die physikalischen Massnahmen nehmen nicht nur die Schmerzen, sondern lösen auch den Muskelhartspann.
Infiltrationen ins Gelenk
Diese sind eine weitere sehr gute Massnahme zur Schmerzbekämpfung. Unter Röntgen oder Ultraschallkontrolle wird ins Gelenk eine Mischung aus Kortison und lokalem Betäubungsmittel eingespritzt. Das Lokalanästhetikum wirkt sofort, das Kortison langfristig. Weil das Kortison nicht als Tablette eingenommen wird, womit es sich dann im ganzen Körper verteilen würde, sondern nur lokal in die Gelenkhöhle gespritzt wird, hat es auch nicht die Nebenwirkungen der Tabletten. Manchmal sind die Patienten selbst erstaunt darüber, wie gut eine solche Infiltration wirkt. Ein Arm, der wochenlang schmerzhaft am Körper hing, kann plötzlich wieder angehoben werden – schmerzfrei! Weil aber jede Infiltration ein (sehr kleines) Risiko einer Infektion mit sich bringt und weil das Kortison den intakten Knorpel oder die Sehnen schädigen kann, werden Infiltrationen nur durchgeführt, wenn eine fortgeschrittene Arthrose vorliegt oder der Patient die Schmerzen nicht mehr aushält.
Und weil das Kortison nicht heilt, sondern «nur» die Schmerzen nimmt, ist die Wirkung auch nicht für die Ewigkeit. Deshalb ist es sinnvoll, nach der Infiltration Physiotherapie zu machen, damit die Wirkung länger anhält.
Operative Behandlungsmethoden
Wenn obige konservativen Behandlungen ausgeschöpft sind oder wenn die Einschränkungen zu gross sind, dann muss eine Operation in Betracht gezogen werden.
Arthroskopie
Die Gelenkspiegelung an der Schulter ist eine Operation, die minimalinvasiv sehr viele Schulterprobleme lösen oder bessern kann, nicht aber die Arthrose. Es gab zwar immer wieder Versuche, die Symptome der Arthrose zu lindern, indem man ein Gelenk in der Spiegelung reinigt und auswäscht (Débridement), doch sind die Erfolge gering und nur von kurzer Dauer, sodass sich der Aufwand und das Risiko einer Operation nicht lohnen.
Gelenkersatz
Die einzige dauerhaft gute Lösung für die fortgeschrittene Arthrose ist der Gelenkersatz, die Prothese. Gerade an der Schulter haben die Prothesen unglaubliche Fortschritte gemacht. Bei korrekter Indikation und Operation restaurieren sie die Beweglichkeit und nehmen die Schmerzen.
Grundsätzlich gibt es für die Schulter zwei Typen von Prothesen (in sehr vielen unterschiedlichen Ausführungen):
Anatomische Prothese
Sie bildet die Anatomie des Menschen nach, ersetzt die zerstörten Gelenkanteile, nicht aber die Muskeln, die für die reibungslose Bewegung verantwortlich sind. Sie besteht aus einer Pfanne, die meist aus einem speziell verarbeiteten Polyäthylen hergestellt ist und in die bestehende Gelenkpfanne einzementiert wird. Ebenso umfasst sie einen Oberarmkopf, meistens aus Kobaltchrom und Titan, der mit einem eigenen Schaft in den Schaft des Oberarmknochens eingepresst wird. Diese Prothese kann aber nur funktionieren, wenn die Muskulatur, insbesondere die Rotatorenmanschette, vollständig intakt und funktionell ist. Bei der Arthrose ist dies leider selten der Fall.
Inverse Prothese
Sie ist ein Kabinettstück in der Gelenkversorgung und eine grossartige Erfindung, denn sie bildet nicht die Anatomie des Gelenks nach, sondern dessen Funktion. Und das tut sie, indem sie die Gelenkkomponenten umkehrt. Was zuvor die Pfanne war, wird durch eine Halbkugel ersetzt. Auf diese passt genau ihr Gegenstück, die Pfanne, die aber am Oberarmkopf implantiert wird. Weil diese Pfanne tief ist und einen kleineren Durchmesser hat als der originale Oberarmkopf, ist das System von Anfang an so stabil, dass es teilweise ohne die Rotatorenmanschette auskommt − für die Schulterarthrose unverzichtbar. Durch die kleineren Durchmesser nimmt zwar die Beweglichkeit etwas ab, sie ist aber sicher besser als vor der Operation. Und die Schmerzfreiheit ist sozusagen garantiert.
Diese neuen Implantate sind eine grosse Erfolgsgeschichte, schon nach ein bis zwei Monaten können Sie Ihren Arm wieder schmerzfrei einsetzen. Weil die Prothesen nach wie vor laufend an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst werden, kann über ihre Langlebigkeit nur begrenzt Auskunft gegeben werden. Alle neueren Studien zeigen aber eine Langlebigkeitsrate von mehr als 90 Prozent nach zehn Jahren.
Beratungstermin vereinbaren
Wir gewährleisten eine rasche, fachlich kompetente Abklärung und Beratung sowie eine Behandlung nach den modernsten Möglichkeiten.
Buchen Sie Ihren Termin hier online direkt online oder rufen Sie uns an: +41 44 388 16 16. Gerne dürfen Sie bei uns auch eine Zweitmeinung einholen.
PD Dr. med. Andreas L. Oberholzer
Facharzt FMH für Orthopädie und Unfallchirurgie. Spezialgebiete: Knie-, Hüft- und Fusschirurgie.